Videosprechstunde neu gedacht: Anwendungsgebiete der Telemedizin, die Sie noch nicht kannten

Okt. 18, 2023
SAMEDI REDAKTION
Videosprechstunde tablet samedi e health blog

Eine Entlastung im Notdienst um 66 %? Genau das gelang der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo) mittels einer erweiterten Videosprechstunde im Kindernotdienst während der Weihnachtsfeiertage 2022. Engagierte niedergelassene Ärztinnen und Ärzte haben ihre digitalen Pforten geöffnet und in beinahe 1.100 Videosprechstunden medizinischen Rat und Beistand gewährt. Nur noch ein Drittel der Kinder musste danach an eine der Notdienstpraxen für eine Weiterbehandlung oder Medikamentenvergabe verwiesen werden.(1)

 

Dieses erfolgreiche Beispiel zeigt eindrücklich, dass die Videosprechstunde spätestens seit der Corona-Pandemie ein wichtiger Teil der Telemedizin geworden ist. Für Ärzte, Psychologen, Therapeuten, Heilpraktiker und Ernährungsberater eröffnen sich dadurch neue Horizonte – weit über die reine Sprechstunde hinaus.  

 

Vielseitige Einsatzszenarien der Videosprechstunde: Gesundheitsversorgung neu definiert 

 

Videosprechstunde anwendungsgebiete samedi e health blog

Telemedizin im Arzt-Patienten-Verhältnis 

 

Die Beratung per Videosprechstunde ist eine wertvolle Ergänzung zur Untersuchung und Beratung in der Praxis, dem MVZ oder der Klinik vor Ort. Videosprechstunden eignen sich für eine Vielzahl von medizinischen Einrichtungen und Situationen, insbesondere wenn keine umfangreiche körperliche Untersuchung erforderlich ist. 

 

Beispielhafte Einsatzgebiete sind:   

 

  • Beratung und Besprechung von Befunden
    Videosprechstunden können genutzt werden, um Befunde auszuwerten. Dank Bildschirmübertragung können z. B. Röntgenbilder anschaulich erklärt, Diagnosen erläutert und mögliche Behandlungsoptionen besprochen werden. 
     
  • Folgeuntersuchungen
    Für Patienten, die bereits eine Diagnose erhalten haben, eignet sich die Videosprechstunde, um den Fortschritt der Behandlung zu überwachen und Fragen zu klären. Dies gilt ebenso für Patienten mit chronischen Krankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes.  
     
  • Medikamentenmanagement
    Bei Patienten, die regelmäßig Medikamente einnehmen, können Videosprechstunden eingesetzt werden, um die Wirksamkeit der Medikation zu überwachen, Nebenwirkungen zu besprechen und mögliche Anpassungen vorzunehmen. 
     
  • OP-Vorbereitung und -Nachsorge
    Patienten können per Videosprechstunde auf eine bevorstehende Operation vorbereitet und über damit verbundene Behandlungsabläufe und Risiken aufgeklärt werden. Gleichzeitig können Ärztinnen und Ärzte den Heilungsprozess online begleiten und Fragen zur Nachsorge beantworten.  
     
  • Zweitmeinungen
    Gerade, wenn Patienten zu einer Diagnose eine Zweitmeinung wünschen, eignet sich eine Videosprechstunde mit einem Facharzt, um vorhandene Laborberichte oder ärztliche Untersuchungsbefunde zusätzlich einzuschätzen zu lassen.  
     
  • Gesundheits- und Ernährungsberatung
    Allgemeine Gesundheitsberatung wie Raucherentwöhnung, Gewichtsmanagement und Prävention, kann über Videosprechstunden angeboten werden. Tipps und Ratschläge zur Umstellung der Ernährungsgewohnheiten erfolgen dabei im digitalen Austausch.  
     
  • Psychotherapie
    Therapiesitzungen, psychologische Beratung und psychiatrische Untersuchungen können ins Zuhause des Patienten bzw. in eine vertraute Umgebung verlagert werden, die ein Gefühl der Sicherheit und Offenheit fördert. Einige Softwarte-Anbieter (z. B. samedi) bieten die Videosprechstunde auch für Gruppen von bis zu 15 Personen an. So können auch Gruppentherapien problemlos und sicher online abgehalten werden. 
    Selbst in akuten Notfallsituationen, wie der Flutkatastrophe im Landkreis Ahrweiler, können psychotherapeutische Videosprechstunden eine erste schnelle psychologische Unterstützung darstellen.(2)
Videosprechstunde psychotherapie samedi e health blog

Telemedizin innerhalb des Berufskollegiums 

 

Über den Arzt-Patienten-Kontakt hinaus gibt es zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten innerhalb des Berufskollegiums: Ärztinnen und Ärzte können beispielsweise per Video-Call Untersuchungsergebnisse teilen oder Fallbesprechungen durchführen. Gerade in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie hat sich der digitale fachliche Austausch als effizient erwiesen: Indem sich mehr als 40 Kliniken in Nordrhein-Westfalen zu einem „Virtuellen Krankenhaus“ formiert haben, wurden in einem Zeitraum von zwei Jahren fast 600 COVID-19 Erkrankte in mehr als 3.700 Telekonsilen versorgt.(3)

 

Das Personal wurde so durch standortübergreifendes medizinisches Know-how entlastet. Dieser Benefit, die Bündelung von Wissen und fachübergreifenden Kompetenzen, spielt unter anderem auch bei Krebspatienten eine zentrale Rolle: Immer mehr Kliniken schließen sich zusammen, damit sich erfahrene Ärztinnen und Ärzte bei Tumorkonferenzen über die beste Therapie austauschen können.  Allen voran steht hier das Charité Comprehensive Cancer Center der Charité Berlin, wo sich wöchentlich Vertreter unterschiedlicher Fachrichtungen in Videokonferenzschaltungen abstimmen und Behandlungsempfehlungen aussprechen.(4)

 

Über derartige telemedizinische Unterstützung freuen sich auch immer mehr Rettungsassistenten, die mitunter von einem Telenotarzt begleitet und beraten werden.(5) Egal, ob das Einholen einer Zweitmeinung eines Kollegen, eine spezifische Fachberatung oder die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen oder Klinischen Konferenzen: Der Umfang telemedizinischer Einsatzszenarien ist in den letzten Jahren enorm angestiegen und wird auch in der Zukunft von entscheidender Bedeutung sein.  

 

Moderne Gesundheitsbetreuung – die Vorteile der Videosprechstunde

 

Dass sich die Videosprechstunde steigender Beliebtheit erfreut, ist nicht überraschend, angesichts der vielen Vorteile, die sie bietet. Patienten können medizinische Beratung und Betreuung von jedem Ort aus in Anspruch nehmen, ohne lange Anfahrtswege oder Wartezeiten in der Praxis. Gerade für Berufstätige und Menschen mit eingeschränkter Mobilität bedeutet die digitale Lösung Kostenersparnis und Flexibilität. 

 

Chronisch Erkrankte oder Patienten mit langfristigen Gesundheitszielen können regelmäßig und kontinuierlich über Videosprechstunden betreut werden und erhalten oft schnelleren Zugang zu Spezialisten. Dies wirkt vor allem dem Ärztemangel in ländlicheren Gebieten entgegen. Besonders in Zeiten von Pandemien oder erhöhten Infektionsgefahren können Videosprechstunden zur kontaktlosen Patientenbetreuung beitragen und dadurch das Ansteckungsrisiko senken. Die Online-Sprechstunde ist also effizient, bequem und inklusiv.

 

Darüber hinaus profitieren nicht nur Patienten von den Möglichkeiten der Telemedizin. Auch dem medizinischen Personal bieten sich viele Möglichkeiten:  

 

  • Bündelung der Kapazitäten in Krisenzeiten bzw. Notfallszenarien 
  • Gleichmäßige Verteilung von Belastungen bzw. Vermeidung von Überlastungen 
  • Interdisziplinäre, standort- und sektorenübergreifende Zusammenarbeit  
  • Aufbau eines regionalen Netzwerks für bestmöglichen Wissenstransfer 
  • Steigerung der Effizienz und Qualität  
  • Zeitersparnis 

Der zunehmende Einsatz der Videosprechstunde hat bereits dazu geführt, die Grenzen der regulären Sprechstunde aufzubrechen und Mehrwerte für Behandler und Patienten gleichermaßen zu schaffen.

Videosprechstunde patient samedi e health blog

Sicherheit und Privatsphäre: Datenschutzmaßnahmen und rechtliche Rahmenbedingungen für Videosprechstunden 

 

Grundsätzlich funktioniert die Videosprechstunde ähnlich unkompliziert wie eine Vor-Ort-Sprechstunde. Auch die technischen Voraussetzungen sind überschaubar: Behandler und Patient benötigen jeweils einen Bildschirm, eine Kamera (z. B. eine integrierte Webcam bzw. Smartphone-Kamera), ein Mikrofon, Lautsprecher sowie eine stabile Internetanbindung.  

 

Obwohl es sich um einen digitalen Raum handelt, ist der Arzt verpflichtet, während der Videosprechstunde die gleiche Privatsphäre, Vertraulichkeit und Störungsfreiheit zu gewährleisten wie im Behandlungsraum der Praxis. Ein separates Arbeitszimmer oder ein ungestörter Praxisraum eignen sich dafür perfekt. Hier kann der Behandler auch sicherstellen, dass sich keine fremden Personen im gleichen Raum aufhalten, um den Datenschutz des Patienten zu sichern.(6)

 

Praxen müssen ihrer Krankenversicherung in der Regel anzeigen, dass sie Videosprechstunden anbieten und dafür einen zertifizierten Videodienstanbieter nutzen. Software-Anbieter wie z. B. samedi sind DSGVO-konform und garantieren durch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, dass die zu übertragenden Daten nur vom Sender und Empfänger gelesen werden können und gewährleisten somit höchste Sicherheitsstandards. 

 

Ergänzung statt Ersatz: Telemedizin als Bereicherung zur regulären Sprechstunde  

 

Die Videosprechstunde wird den persönlichen Termin beim Arzt, Psychotherapeuten oder Ergotherapeuten niemals ersetzen. Leistungen wie Blutabnahme, Impfungen, Tastuntersuchungen und akutmedizinische Maßnahmen, die den persönlichen Patientenkontakt voraussetzen, lassen sich nicht digital abbilden. Dennoch zeigen die oben erwähnten Einsatzgebiete vielfältige Situationen, in denen eine Online-Sprechstunde bereits eine optimale Alternative zum persönlichen Termin vor Ort darstellt. 

 

Als hybrides Versorgungsmodell betrachtet, ist sie bereits jetzt die ideale Ergänzung, um mehr Kapazitäten zu schaffen und die standort- sowie sektionsübergreifende Zusammenarbeit zu stärken. Für die Gesundheitsversorgung ist Telemedizin ein qualitatives Effizienz-Upgrade ohne Kompromisse.  

Neugierig? Hier gibt’s mehr Infos zur Videosprechstunde!

Quellen:

  1. ÄrzteZeitung: „Kinderärztliche Videosprechstunde der KVNo wird gut angenommen“
    https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Kinderaerztliche-Videosprechstunde-der-KVNo-wird-gut-angenommen-435430.html
  2. ÄrzteZeitung: „Flutkatastrophe: Psychotherapeutische Akutbehandlung auch per Videosprechstunde“
    https://www.aerztezeitung.de/Nachrichten/Flutkatastrophe-Psychotherapeutische-Akutbehandlung-auch-per-Videosprechstunde-422178.html 
  3. ÄrzteZeitung: „Virtuelles Krankenhaus versorgte bereits 600 COVID-19-Erkrankte per Telekonsil“
    https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Virtuelles-Krankenhaus-versorgte-bereits-600-COVID-19-Erkrankte-per-Telekonsil-428328.html
  4. Charité: „Interdisziplinäre Tumorkonferenzen"
    https://cccc.charite.de/fuer_aerztinnen_aerzte_medizinisches_personal/interdisziplinaere_tumorkonferenzen/
  5. Bundesärztekammer: „Charakteristische Szenarien der Telemedizin“
    https://www.bundesaerztekammer.de/themen/aerzte/digitalisierung/telemedizin-fernbehandlung/charakteristische-szenarien 
  6. Infothek Gesundheit: „Videosprechstunde: Patientenservice auf dem Vormarsch“
    https://infothek-gesundheit.de/videosprechstunde-patientenservice-auf-dem-vormarsch/